UHU-StartseiteMathematiklehrerFachdidaktik und -methodikQualifikationsphaseAnalysisNatürliche Exponential- und Logarithmusfunktion
exp(x) zuerst, stetige Verzinsung


Bernoulli und die stetige Verzinsung
www.tagesgeld-konto.org:
Der Begriff Zinsintervall wird vor allem in Bezug auf das Tagesgeld verwendet, denn er beschreibt den Zeitraum, innerhalb dessen eine Bank die aufgelaufenen Zinsen gutschreibt. Während dies beim Festgeld in der Regel jährlich geschieht, gibt es durchaus Tagesgeldanbieter, die eine vierteljährliche oder auch eine monatliche Zinsgutschrift durchführen. Das ist vor allem deshalb interessant, weil bei einer unterjährigen Zinsgutschrift Zinseszinsen entstehen, die die Rendite insgesamt erhöhen. Daraus lässt sich folgern, dass ein Tagesgeldkonto mit einem kurzen Zinsintervall im Vergleich zu Angeboten mit jährlichen Zinsgutschriften die attraktivere Lösung darstellt, sofern es ansonsten keine großen Zinsunterschiede gibt.

Beispiel (www.tagesgeld-konto.org)

Anlagesumme: 	6.000 Euro
Zinssatz: 	2,20% p.a.
Zinsen p.a. bei jährlicher Zinsgutschrift 	132 Euro
Zinsen p.a. bei vierteljährlicher Gutschrift 	133,09 Euro
Zinsen p.a. bei monatlicher Gutschrift: 	133,34 Euro


Wie weit lässt sich diese Summe steigern, wenn man das Zinsintervall gegen Null gehen lässt?

Jakob Bernoulli (1654 - 1705) formulierte schon 1689 das Problem der stetigen Verzinsung.
Eine Summe Geldes sei auf Zinsen angelegt, dass in den einzelnen Augenblicken ein proportionaler Teil der Jahreszinsen zum Kapital geschlagen wird.




Ein Beispiel dazu
Zur Vereinfachung nehmen wir einen Zinssatz von 100% und ein Guthaben von 1 € an.

VerzinsungsartAnzahl im JahrKapital
jährlichn=1`K = (G + Z)^1 = (1€ +1€) = 2€`
halbjährlichn=2`K = (G + Z/2)^2 = (1€ + 1/2 €)^2 = 2.25€`
monatlichn=12`K = (G + Z/12)^12 = (1€ + 1/12€)^12 = 2.61€`

Das Guthaben am Jahresende steigt also mit der Zahl der Zinsintervalle. Kann man die Bank durch weitere Verkürzung der Zinsauszahlung in den Ruin treiben?

n12122050100100010000100000
K22,252,612,652,692,702,712,722,72

Das maximal erreichbare Kapital läuft gegen die Grenze `K ~~ 2,72`.



Grenzwertbetrachtung
Definition der Euler'schen Zahl e:
`e: = lim_(n->oo)(1 + 1/n)^n = 2,7182...` (transzendent, wie `pi`)



Natürliche Exponentialfunktion
Betrachtet man nun nicht nur das Kapital bei stetiger Verzinsung nach einem Jahr, sondern zu einem beliebigen Zeitpunkt x so ergibt sich:
`K(x) = e^x` (natürliche Exponentialfunktion)



Anmerkungen I
Zur Modellierung:
  • Einerseits ist der Kontext spannend, indem er Inhalte aus Wirtschaft und Recht aufgreift.
  • Andererseits ist der Zinssatz von 100% gänzlich unrealistisch. Damit ist die Modellierung eher als mathematischer Impuls zu sehen oder eine zweite Ebene mit einem realistischen Zinssatz anzusetzen.
  • Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Schüler verstehen, dass die Kapitalentwicklung (`e^14 > 10^6`) nicht von der stetigen Verzinsung herkommt, sondern von dem hohen Zinssatz.



Anmerkungen II
  • Diese Variante hat den Vorteil, dass e bereits als Basis bekannt ist.
  • Der Beweis der Ableitungsfunktion wird damit überschaubarer
  • Problematisch ist allerdings ein "Ersetzen" der Zahl "e" durch ihren Limes und der anschließenden "Vermischung" der beiden limites.
  • Dadurch wird der Beweis zwar scheinbar sehr vereinfacht, das Verfahren ist allerdings problematisch. Gegenbeispiel: `lim_(t->0) [(lim_(h->0) h)*1/t] = lim_(t->0)[0*1/t] = 0` in stetiger Fortsetzung
    `lim_(t->0) [(lim_(h->0) h)*1/t] = lim_(t->0)[t*1/t] = 1` kommt aufgrund unzulässiger "Abkürzungen" zu einem anderen Ergebnis.


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